Test: Xils-Lab PolyKB III, Softsynth - AMAZONA.de (2024)

Update eines Klassikers

26. April 2017

Das PolyKB III Synthesizer Plug-in ist die Nachfolgeversion des PolyKB II, das um einige Funktionen aufgewertet wurde. Genug, um unseren Test von 2011 noch mal aufzugreifen und zu aktualisieren. Denn Xils-Lab wären nicht Xils-Lab, wenn sie nicht ein klassisches Vintage-Design nehmen und es mit viel Liebe zum Detail erweitern.

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Die weitaus bekannteste Verwendung des Wortes Kobol stammt aus dem SciFi-Epos Battlestar Galactica, das 1978 in die Kinos kam und mit einer reichen Mythologie versehen war, die stark an die griechische angelehnt war. Kobol bezeichnet den Geburtsort der Menschheit, von dem aus sie das Weltall besiedelte und sich dabei in 13 Kolonien aufgespaltete. Doch die erste und älteste Kolonie ist ihnen dabei unterwegs wohl verloren gegangen und wurde selbst zu einem Mythos mit dem Namen „Erde‟. Das Remake der Serie (von 2003 bis 2009) ist im Übrigen der Hammer!

PolyKB III – MIDI-Learn

Beim analogen Vorbild des PolyKB III handelt es sich um den legendären französischen RSF PolyKobol. Der monophone Kobol wurde ab 1978 produziert. Die stufenlos durchfahrbaren Schwingungsformen der Oszillatoren waren damals schon ein Novum. Leider konnte dieser komplexe monophone Synthesizer nur 200 mal verkauft werden, weil die Produktionskapazitäten fehlten. 1979 kam noch eine Rack-Version dazu, die es immerhin auf 800 Stück brachte. Zwar meldete RSF 1983 Konkurs an, schaffte es aber irgendwie, noch ungefähr 30 niemals fertig entwickelte Polykobol 2 an den Mann zu bringen. Mit ihren wohl recht guten digitalen Drum-Maschinen hielt sich RSF aber noch bis 1987 über Wasser. Damit gehört der Polykobol 2 zu den extrem raren Vintage-Synthesizern, so rar, dass er noch nicht mal in unserer Syntacheles Liste geführt ist. Wer also einen hat, sollte sich glücklich schätzen.

PolyKB III – Optionen

Benutzt wurde der Kobol u.a. von Vince Clarke, Vangelis, Jean-Michel Jarre, Depeche Mode, Peter Gabriel und Hans Zimmer. Wobei ich nicht weiß, ob Jarre ein Kriterium ist, der hat ja schließlich alles schon mal benutzt. Aber während des Tests des PolyKB III kamen bei den Presets schon der ein oder andere Moment auf, bei denen ich dachte, ja den Sound kenn ich.

Ob die Namensverwandtschaft mit Battlestar Galactica nun Absicht, Zufall oder das Wort doch aus dem Ungarischen oder aus der Zulu-Sprache kommt, wird wohl nie mehr geklärt werden. Was den sowohl erdigen als auch spacigen Klangcharakter des Kobol angeht, können aber wir sehr wohl nachforschen.

Inbetriebnahme

Den PolyKB III gibt es nur als VST-, AU-, RTAS- oder AAX-Plug-in. Eine Standalone-Version wird nicht angeboten. Angeboten wird, welchen Kopierschutzteufel man opfern will, eLicenser oder iLok. Der Upgrade-Preis vom KB2 auf den KB3 beträgt im übrigen 39,- Euro. Die Lizenz für den KB2 wird zwar ersetzt, doch gilt diese dann für beide Versionen, die auch unabhängig voneinander betrieben werden können. Ein No-Brainer.
Die Installation der Software auf macOS ist unauffällig und die englischsprachigen PDF-Handbücher sind knapp, aber größtenteils hinreichend. Handbücher von Xils-Lab sind ja immer so ein Sache.

Wie dem auch sei, nach der Installation die DAW aufgemacht und herzhaft in die Tasten gegriffen. Das Ergebnis bei einem i5 Haswell bei 2,6 GHz waren bei 10 Stimmen bei 44 kHz 50% Rechenleistung weg. Einzelstimmen liegen im Durchschnitt bei 7% bis 12%. Einge OSC-Sync-Sounds können aber mit guten 40% reißen. Das ist aber verkraftbar. Der U-He Repro-1 bring es bei mir im Vergleich auf ca. 18% normal und 25% im HQ-Modus. Während des Tests hatte ich beim PolyKB keine Stimmaussetzer, aber manchmal ein Kratzen bei zu vielen Stimmen. Der Patch-Wechsel dauert auch schon 1 bis 2 Sekunden und setzt auch die gerade gespielten und MIDI-Eingaben zurück. Kein Thema, muss man nur wissen.

Liebe und Kobole

Werfen wir zu Anfang noch ein kurzen Blick auf die Eigenschaften des Originals.

PolyKB2 – VCO

Der originale Kobol ist monophon. Er hat zwei Oszillatoren, deren Schwingungsformen stufenlos von Dreieck, Sägezahn und Recheck bis Puls geregelt werden können. Es gibt einen LFO mit Dreieck- und Rechteckschwingungsform. Das Tiefpassfilter arbeitet mit 24dB/Okt. Flankensteilheit, der Lautstärkeverlauf eine Klanges wird über zwei ADS-Hüllkurven geregelt. Release gibt es nicht. Der Sequencer hatte zwei Spuren mit jeweils acht Schritten und 16 Speicherplätzen.

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PolyKB II – VCF, ADSR

Mit dem PolyKB /II/II.5 erweiterten Xils-Lab das Konzept mit einem zweiten LFO, der mehr Schwingungsformen bietet, ein bis zur Eigenschwingung rückkoppelbares Multimode-Filter und einem Release-Parameter für die Hüllkurven. Der Sequencer wurde auf acht Stimmen und 128 Schritte erweitert und auch ein unabhängiger Arpeggiator eingefügt. Außerdem wurden drei Modulationsmatrizen installiert und die Polyphonie auf 16 Stimmen angehoben. Wie immer kommen die Xils-typischen Spezialitäten, wie das dynamische Stereofeld und die Stimmmodulatoren, die in fast allen Xils-Lab Plug-ins zu finden sind, noch dazu.

PolyKB III – VCO

Der PolyKB III macht daraus drei Morphing-Oszillatoren, zwei bis zur Eigenschwingung rückkoppelbare Multimode-Filter, drei ADSR-Hüllkurven und vier Modulationsmatrizen und bleibt dennoch dem Charakter des Kobol unverkennbar treu. Ok, das war jetzt alles ein wenig schnell, also der Reihe nach.

In der Oszillator-Sektion haben wir drei derselben, die in Grundfrequenz und Schwingungsform stufenlos geregelt werden können. Die Schwingungsformen lassen sich von Dreieck über Sägezahn nach Rechteck zu Nadelimpuls einstellen. Die Lautstärke lässt sich nur für Oszi 1 und 2 regeln, Oszi 3, kann über zwei Schalter in vier Lautstärken geschaltet werden: aus, 1/3, 2/3 und voll. Unter Oszi 2 und 3 befinden sich auch ein paar Schalter. SYNC setzt die Phasenstart der Schwingungsformen zurück, gemäß dem Start der Schwingungsform von Oszi 1, kurz auch Hard-Sync genannt. KB schaltet das Keyboard-Tracking an oder aus. LOW gibt es nur für Oszi 2, der sich damit als einen weiteren LFO nutzen lässt und TUN(e) verstimmt die Oszillatoren noch ein bisschen mehr gegeneinander. Schließlich gibt es einen Rauschgenerator in Pink und Weiß mit einem zusätzlichen Hochpassfilter. Die Lautstärkeschaltung ist identisch mit der für Oszi 1.

PolyKB III – VCF

Die beiden Filter sind resonanzfähig mit einer festen 4-Pol, 24dB/Okt. Flankensteilheit und haben jeweils ihre eigene ADSR-Hüllkurve. In den Schalterreihen kann für jedes Filter festgelegt werden, in welchem Modus es arbeitet, ob LP, BP und HP und welcher der vier Oszillatoren in die Filter eingespeist wird. Wobei auch wahlweise der Ausgang von Filter 1 in Filter 2 eingespeist werden kann, die beiden also in parallelem oder seriellem Betrieb arbeiten. Außerdem kann das Mischverhältnis von Filter 1 und 2 reguliert werden. Der Parameter „Keyboard Control‟ bestimmt den Auslenkungsgrad, mit dem die Tonhöhe die Cut-Off-Frequenz moduliert und „ADSR2 Control‟ bewirkt das Gleiche in Bezug auf die zweite Hüllkurve.

Für die drei Hüllkurvengeneratoren stehen gesondert die Funktionsschalter KB, LO und MUL zur Verfügung. Das Keyboard-Tracking moduliert die entsprechende Hüllkurve. Je höher die Note, desto kürzer der Klang. Der Loop-Modus läuft bei gehaltener Taste zwischen Attack- und Release-Phase unter Umgehung der Sustain-Phase hin und her, während der Multiplizierer jede Werteeinstellung der ADS- und R-Parameter mit 2, 3 oder 4 multipliziert. Damit lassen sich extrem lange Hüllkurven generieren, die vor allem den Pad-Sounds zugute kommen.

PolyKB III – LFO

Ein ganz besonderer Leckerbissen sind die LFOs. Für beide stehen sechs Schwingungsformtypen zu Verfügung, Rausch-Sample&Hold mit eingeschlossen. Der oberste Schalter der Reihe kann mit einem Klick auf das Symbol zwischen Sinus und Dreieck umgeschaltet werden. Das ist aber noch nicht das Besondere. Das Besondere ist, dass beliebig viele Schwingungsformschalter gleichzeitig aktiviert werden können. Die einzelnen Schwingungsformen werden dann addiert und können so äußert komplexe Schwingungsformverläufe erzeugen. Einfach und genial. Damit wäre die Klangerzeugung des PolyKB III abgehandelt.

Matrix

PolyKB III – Original-Matrix

Beginnen wir mit der Modulationsmatrix des originalen PolyKobol. Hier sind die fünf Quellen LFO1, Rauschen oder LFO2, ADSR2, VC2 und Anschlagsdynamik auf festverdrahtete Ziele wie die Oszillatoren, deren Schwingungsform, das Filter oder die Ausgangstufe geschaltet werden können.
Die Zuweisungen können zwar nur per Schalter gemacht werden, dafür ließen bzw. lassen sich die Quellen auf alle Ziele in ihrer Matrix gleichzeitig aufschalten – mit positiver (grüne LED) oder negativer (rote LED) Auslenkung. Das war Anfang der 80er schon sehr weit fortgeschrittene Synthesizertechnologie.

PolyKB III – Original-Matrix – User-Matrix

Die UserMod-Matrix ist hingegen eine Xils-Neuerung. Jeweils zwei Quellen können auf vier verschiedene Ziele geschaltet werden, deren Auswahl aus so ziemlich jedem Parameter des PolyKB III besteht. Der PolyKB II hatte nur eine Matrix dieser Art, die mit der originalen Matrix auf eine Seite gequetscht war. In der IIIer-Version ist das nun viel übersichtlicher.

PolyKB III – XY-Voice-Matrix

Die vierte Matrix ist auf der Voice XY-Seite. Hier können die räumlichen Positionen der Stimmen über die X/Y-Positionen eines jeden Punktes mit bis zu vier Parametern beeinflusst werden. Die X/Y-Punkte können dann über MIDI oder die DAW-Automation bewegt werden. Jedoch sollte man wissen, dass die Stimmenzuweisung für jeden Punkt dynamisch erfolgt, d.h. dass eine angespielte Stimme jedes Mal einem anderen Punkt zugeordnet wird. Richtig eingesetzt lässt sich damit ein immens lebendiges Spielklangverhalten erzeugen. Die jeweiligen Modulationsanteile werden dabei immer über die Regler eingestellt.

PolyKB III – Arpeggiator

Wer schon einen Xils-Lab Synthesizer hat, dem wird der Arpeggiator bekannt vorkommen. Meiner Meinung nach immer noch einer der Besten seiner Art, erlaubt er nicht nur die üblichen Reihenfolgen, sondern bietet auch Swing- und Gate-Einstellungen und nicht zu vergessen die Chord-Sequenz. Im polyphonen Modus kann hier eine bis zu 32-stellige Zahlensequenz eingegeben werden, die Akkorde in Halbtonschritten transponiert, ist also quasi selbst schon ein Kompakt-Sequencer. Ein Xils-Standard-Special.

Dazu kommt noch der eigentliche 8-fach polyphone Sequencer. Auch im Original wäre er Kobol-Sequencer seiner Zeit voraus, wenn er jemals richtig fertiggestellt worden wäre.

PolyKB III – Sequencer

Im Sequencer des PolyKB III lassen sich Noten mit Linksklick setzen und mit Rechtsklick löschen oder man spielt die Sequenz live ein. Welche Stimme aufgenommen wird, lässt sich über die Schalterreihe „Voice/Select‟ auswählen. Die Anzahl der Schritte und die Clock-Teiler werden mit einem Mausklick in den Displays eingestellt. Stimmen und Schritte lassen sich über die Schalter „Voice-Delete‟ und „Step-Delete‟ löschen.
Das Arbeiten im Sequencer-Fenster geht erstaunlich gut. Über die „ED‟-Schalter lässt sich festlegen, welche Spur man bearbeiten möchte und „ON‟ schaltet die entsprechenden Spuren an und aus. Die Anschlagsstärke der einzelnen Noten kann bei Aktivierung des Velocity-Schalters editiert werden. Zur besseren Bearbeitung kann der Ansichtsausschnitt des Step-Sequencers über die „Plus‟- und „Minus‟-Taster vergrößert und verschoben werden. Bis auf das Zoomen und Scrollen lässt sich der Sequencer auch per MIDI fernsteuern, was sehr angenehm ist.

PolyKB III – Sequencer-Presets

Die Sequencer-Daten lassen sich gesondert vom Patch abspeichern. Allerdings steht bisher nur ein frei belegbarer Speicherplatz zu Verfügung, zusammen mit zwei Presets. Damit reicht die Funktion gerade mal aus, eine Sequenz zwischen zwei Patches auszutauschen. Auch der Umstand, dass beim Patch-Wechsel auch die Sequencer-Daten verloren gehen und neu geladen werden müssen, mach da nicht besonders viel Freude. Beides wird laut Xils in einem der nächsten Updates behoben und eine Lock-Funktion sowie eine ernstzunehmende Bibliotheksfunktionalität eingebaut.

Effekte

PolyKB III – XY-Space-Emulation

Ein weiteres Xils-Standard-Special ist die XY-Space-Emulation. Damit lässt sich jede der maximal 16 Stimmen einzeln im einem Raum absolut zur Stereo-Mikrofonabnahme positionieren und auch in diesem Raum bewegen. Einige Probleme, wie mögliche Phasenverschiebung oder verschiedene Laufzeiten der Signale aufgrund der unterschiedlichen Abstände zu den virtuellen Mikrofonen, wurden jedoch eliminiert. Ein Werkzeug, mit dem sich sehr variable Modulationseffekte erzeugen lassen.

PolyKB III – Standardeffekte

Die verbleibenden Effekte Delay, Chorus, Phaser und EQ haben in der derzeitigen Version 1.1 aber noch ein Problem. Aufgrund der Patch-Kompatibilität zum PolyKB II machen sie allein beim reinen Einschleifen in den Signalweg das Ausgangssignal wesentlich leiser und dünnen es auch merklich aus. Laut Xils liegt das daran, dass die Parameter-Anpassung noch nicht optimal ist. Bis dies behoben ist, sollte besser auf externe Effekte zurückgegriffen werden.

Sound



Wie üblich bei Xils, spielt auch der überholte PolyKB III-Sound ganz vorne mit, was derzeit an virtuell analogem Sound „state of the art‟ ist und damit natürlich auch in Konkurrenz mit dem U-He Repro-1 tritt, irgendwie. Denn für Beide gibt es derzeit keine Software-Alternativen und daran wird sich wohl auch so schnell nichts ändern. Der U-he ist zwar meines Erachtens nach ein paar Nuancen druckvoller und lebendiger, dafür aber nur monophon. Doch ein geringeres Urteil als „überzeugend‟ lässt sich über den Klang des PolyKB III nicht finden. Die Höhen klingen brillant, aber nicht scharf und im Tiefenbereich gibt es ganz schön Druck und immer hat der PolyKB III diesen runden, ganzheitlichen Charakter, wie man ihn mit hochwertigem Analog assoziiert.

Die Klangbeispiele wurde ohne jegliche Effekte oder andere Hilfen aufgenommen. Nur die XY-Sapce-Emulation war aktiv.

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